Das Jahr 2015 neigt sich dem Ende zu. Zeit, inne zu halten und aus den Lehren des Jahres die Vorsätze für 2016 zu bauen. Ein Jahr, das für die Landwirtschaft in Hohenlohe prägend sein wird: Jahrhundert-Trockenheit – Tiefstpreise für Ferkel – Nicht-kostendeckende Erlöse in Ackerbau, Schweinemast und Milchviehhaltung. Je länger diese Situation 2016 anhalten wird, desto einschneidender sind die Veränderungen für die Region. Betriebe werden die Stall- und Hoftüren für immer schliessen, die finanzielle Situation zermürbt die Familien.
Wer trägt die Schuld daran? Politik, Bauernverband, Beratung oder auch wir Bauern selbst? Meiner persönlichen Einschätzung, aber auch meiner persönlichen Erfahrung auf meinem Betrieb nach tragen wir Bauern zu allererst selbst die Schuld. Auch wenn diese Erkenntnis weh tut! Wir glauben Politik und Beratung, dass die Zukunft im Export liegt und die globalen Märkte auf unsere (austauschbaren) Produkte wie Milch und Fleisch nur warten. Wir haben aufgrund dieser Einschätzung als Unternehmer Entscheidungen getroffen, in quantitatives Wachstum durch Stallneubau, Flächenzukauf oder -zupacht oder Investitionen in erneuerbare Energien zu setzen.
Uns allen hätte klar sein müssen, dass eine Exportorientierung auch ein Risiko in sich birgt. Das sehen wir seit dem Russlandembargo deutlich.
Gerade wir in Hohenlohe mit geringer Flächenausstattung des Einzelbetriebes haben seit jeher auf die tierische Veredlung gesetzt. Doch haben wir (ich nehme mich da nicht aus!) den gesellschaftlichen und den strukturellen Wandel zulange ignoriert und stehen nun vor existentiellen Problemen: Gesunde Betriebe mit Hofnachfolger sehen keine Perspektive mehr, junge Betriebsleiter werfen das Handtuch, weil das Einkommen nicht einmal mehr für Zins und Tilgung reicht.
Sollen wir das so weiterlaufen lassen und schauen wir als Landwirte, als Verbraucher, als Region der Weltmarktführer dem Ganzen einfach zu? Ich will das nicht, auch wenn ich für meine Familie und mich und unseren Betrieb die Zukunft positiv sehe. Es könnte mir egal sein und ich könnte (wie sicher mancher Berufs“kollege“) auf Pachtflächen spekulieren. Das Problem ist aber tiefgreifender, weil es die Situation für die übrig bleibenden Betriebe eben auch verschlechtert! Vermarktungs- und Einkaufsstrukturen werden mit jedem aufhörenden Betrieb schlechter, auch die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber dem letzten Betrieb im Dorf sinkt, wenn man das nicht aktiv bearbeitet.
Darum will ich die Situation nicht weiter so laufen lassen. Ich will etwas tun. Und ich merke, dass ich mit meinen Ideen zwischen 2 Polen sitze: Produktion für den Weltmarkt zu kostengünstigen Preisen auf der einen Seite und Bio-Produktion auf der anderen Seite. Ich will den Weg dazwischen. Ich könnte frustriert aufgeben. Aber ich will, dass die Region landwirtschaftlich stark und vielfältig bleibt. Eine lokale Erzeugerorganisation macht es uns vor. Auch wenn deren Chef polarisiert, sollten wir uns an einen Tisch setzen! Wir haben den Markt vor der Haustüre, die regionale Produktion der meisten Produkte ist geringer als die Nachfrage. Unser Ziel kann schon allein aufgrund der regionalen Strukturen nicht der Weltmarkt sein, weil Gesetzgebung, Besiedlung und nicht zuletzt auch unsere bäuerliche Mentalität diese Betriebsgrößen bis auf wenige Ausnahmen gar nicht erlaubt bzw. will.
Lasst uns als stolze Bauern aktiv werden. Wer den Kopf in den Sand steckt, hat schon verloren! Wir brauchen ein breites Bündnis der Solidarität. Das muss aus unserer Bauernschaft heraus kommen, denn das nimmt uns niemand ab.
Das ist mein Ziel für 2016: das Überleben der Landwirte in Hohenlohe aktiv anzugehen.
Euer Michael Reber
(Quelle: Beitrag auf bauerwilli.com)
Neueste Kommentare