Grünland und Streuobstwiesen – Innovative Landwirtschaft Reber

Wir bewirtschaften 26 ha sogenanntes absolutes Grünland. Das bedeutet, dass dieses Grünland, selbst wenn wir es rechtlich umbrechen dürften (was aber mittlerweile verboten ist), einfach nicht als Ackerboden taugt, weil es oft nass ist und auch sehr schlechte Böden hat.

Bis auf wenige Wiesen stehen überall Streuobstbäume, also alte Apfel- und Birnensorten. Das ist für unsere Landschaft hier typisch, insbesondere im Übergang vom Wald zum Ackerland. Diese typische Landschaft ist mittlerweile auch stellenweise geschützt in sogenannten FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat). Das bedeutet, dass hier schützenswerte Pflanzen und Tiere anzutreffen sind.

Leider werden diese FFH-Gebiete als etwas Statisches angesehen, so dass uns Landwirten hier massive Bewirtschaftungsauflagen gemacht werden. In unserem Betrieb haben wir auf 7 ha (also einem Drittel des Grünlands) ein Düngeverbot dieser Wiesen (das gilt auch für Gülle!). Chemischen Pflanzenschutz machen wir auf Grünland und im Streuobst sowieso nicht. Also sind das quasi ökologisch bewirtschaftete Flächen (wobei im Ökolandbau Gülle und Mist wertvoller Dünger sind!).

Insgesamt stehen auf unseren Wiesen rund 200 Streuobstbäume, wovon wir ca. 2/3 selbst ernten. Den Rest machen die Eigentümer, die uns das Grünland verpachtet haben, selbst.

Was geschah bisher mit dem Obst?

Landwirte besitzen per se ein Brennrecht. Das gilt, soweit ich weiß, auch für jeden Besitzer von Streuobstwiesen. Pro Betrieb bzw. pro Eigentümer waren bzw. sind das 300 Liter reiner Alkohol pro Jahr.

Unsere Brennrechte lagen seit Jahren in einer Obstgemeinschaftsbrennerei im Nachbardorf. Das heißt, wir haben dort unser Obst hingebracht und die Brennerei hat in unserem Auftrag daraus Alkohol gebrannt (sogenannten Branntwein). Mit diesen 300 Litern pro Eigentümer sind wir über die Jahre eigentlich immer ganz gut klargekommen und haben für das Streuobst auskömmliche Preise bekommen, die das mühsame Auflesen des Streuobstes von Hand halbwegs wirtschaftlich darstellbar gemacht haben.

Nun hat die EU beschlossen, dass dieses Branntwein-Monopol den Wettbewerb behindert und es Ende 2017 abgeschafft. Damit wurde auch das Ende der Obstgemeinschaftsbrennerei besiegelt. Industriealkohol (dazu gehört auch der aus Obst) lässt sich aus anderen Stoffen wie z.B. Getreide deutlich günstiger herstellen.

Das hat zur Folge, dass das Streuobst seit 2017 auf anderen Wegen vermarktet werden muss.

Markt aktuell?

Durch das Russland-Embargo im Februar 2015 aufgrund des Einmarsches von Putins Truppen auf der Krim sind die ganzen landwirtschaftlichen Lieferbeziehungen (natürlich auch andere) nach Russland mit einem Schlag zum Erliegen gekommen! Auf allen landwirtschaftlichen Märkten ist seither Katerstimmung.

Im Obst- und damit auch im Saftbereich drücken riesige Mengen aus Polen, die bisher Richtung Osten abgewandert sind, nach Mittel- und Westeuropa auf den Markt, zu Preisen, bei denen sich das Bücken auf den Streuobstwiesen nicht mehr lohnt! Wir reden hier von 6-8€/100kg frei Sammelstelle vergangenen Herbst! Wenn Sie das von Hand auflesen müssen, dann sind Sie vom Mindestlohn von 8,50€ extrem weit entfernt!

Also was tun?!

Unserem Betrieb liegt der Erhalt unserer Kulturlandschaft schon immer sehr am Herzen, und da gehören die Streuobstwiesen unabdingbar dazu! Auch wenn es immer noch sehr viel Handarbeit ist, wenigstens 2mal pro Jahr unter den Bäumen auszumähen und alles raus zu rechen – es ist wichtig, um im Herbst sauberes Obst ernten zu können. Auch haben wir jetzt begonnen, die Bäume wieder zu pflegen, indem wir sie wieder ausschneiden (lassen). Das ist wie im Weinbau – auch hier ist ein regelmäßiger Schnitt wichtig, um gute Qualität zu bekommen.

Zur Ernte des Streuobstes haben wir vor 2 Jahren einen sogenannten “Obstigel“, eine mechanische Auflesemaschine, angeschafft. Seither sind meine Eltern hier wieder voll motiviert, das Obst zu ernten. Zum einen, weil es sehr viel einfacher ist, größere Mengen schnell aufzulesen und zum anderen können wir nun regelmäßig immer nur das reife Obst auflesen. Wir schütteln erst ganz zum Schluss die letzten Früchte, bevor kein Obst mehr angenommen wird. So können wir ca. einmal pro Woche immer das auflesen, was wieder runtergefallen (und damit reif) ist.

Ich gebe zu, dass auch wir die letzten 30 Jahre hier kaum pflegerische Maßnahmen gemacht haben. Mittlerweile hat aber auch das Land Baden-Württemberg erkannt, dass ohne eine Förderung diese Kulturlandschaft unwiederbringlich verloren geht! Aufgrund dieser Förderung, die allerdings bei Weitem nicht kostendeckend ist bei den größeren Bäumen, haben wir beschlossen, dass wir wieder in unsere Bäume investieren. Nachpflanzungen haben wir schon immer gemacht, auch wenn wir deshalb belächelt wurden. Heute ist es meist so, dass wenn ein Baum kaputtgeht, er weggeräumt und nicht mehr ersetzt wird!

Mit diesen Maßnahmen bringen wir zwar die Bäume wieder auf Vordermann, aber am Markt bzw. an der Vermarktung haben wir dadurch noch nichts geändert! Das lohnt sich bei den obigen Preisen ja trotzdem nicht!

Bio und wieder zurück?!

Vor Beginn der Obsternte 2016 habe ich mit unserem lokalen Safthersteller Hohenloher Fruchtsäfte telefoniert, wie sie den Markt einschätzen. Klare Aussage: Preise fallend (siehe oben). Lediglich Bioware hätte noch Potential und sehr gute Preise. Ich sollte das mal prüfen.

Gesagt getan. Wie im ersten Absatz schon erwähnt, werden die Streuobstflächen ja quasi schon ökologisch bewirtschaftet (wobei eine Bewirtschaftung ohne Düngung auch nicht nachhaltig geschweige denn ökologisch ist!). Also Zertifizierungsstelle angerufen. Wichtige Aussage: Bei Streuobst gibt es als einziges die Möglichkeit, einen Teilbetrieb als Bio anerkennen zu lassen UND eine rückwirkende Anerkennung zu bekommen. Das heisst, dass bei Nachweis der Einhaltung der EU-Bio-Richtlinien innerhalb der letzten 36 Monate (solange ist der Umstellungszeitraum) eine rückwirkende Anerkennung und damit eine sofortige Lieferung von Bio-Obst möglich ist. Da wir das problemlos nachweisen konnten, war es dann doch relativ unkompliziert möglich und wir hatten dann innerhalb von 2 Wochen die Zulassung. Klasse! Auch wenn das natürlich wieder ordentlich Geld gekostet hat, so war es für uns sehr wirtschaftlich durch den 3-fachen Preis für das Obst.

Da wir beim Streuobst aber nur alle 2 Jahre eine vernünftige Ernte haben, wir aber jährlich zertifiziert werden müssen, haben wir uns im Sommer 2020 entschieden, dass wir aus der Bio-Zertifizierung wieder raus gehen. Auch haben mittlerweile viele Streuobstbauern in der Region auf Bio umgestellt mit der Folge, dass die Preise sinken! In der Summe also auch schon wieder kein lohnendes Geschäft mehr. Wirklich traurig!

Eigener Saft?

Aber wie wäre es, noch den nächsten Schritt zum eigenen Saft zu gehen, um das Produkt eben nicht wieder nur abzuliefern, sondern in Wert zu setzen und zu verkaufen. Ein weiterer Anruf bei der Zertifizierungsstelle. Da unser Safthersteller die Biozulassung hat und auch Lohnpressung- und Abfüllung anbietet, kein Problem. Ein weiteres Zertifikat noch, dann konnte es losgehen.

Gespräch mit Schwägerin und Bruder vom Gasthof Reber´s Pflug führte dazu, dass wir das Projekt angehen konnten, weil hier schon mal ein ordentlicher Teil der Menge verkauft werden konnte.

Und so haben wir nun 2016 und 2018 (2017 ist aufgrund des Frosts in der Blüte ein Totalausfall gewesen) aus reifen Äpfel der späten, guten Sorten (Brettacher, Gewürzluiken, Bohnäpfel, Boskoop) unseren superleckeren naturtrüben Apfelsaft pressen lassen. Geschmacklich für mich, der kaum noch Apfelsaft getrunken hat, ein Genuss! Einfach etwas Anderes wie dieser Saft aus Konzentrat.

2020 dann die nächste volle Ernte, allerdings dann nicht mehr mit dem Bio-Siegel. In der Flasche ist trotzdem nur unbehandeltes Obst. Es geht rein um die Zertifizierungskosten, die vieles vom Mehrerlös einfach auffressen. Schade.

Jetzt seid Ihr gefragt!

Wem also der Erhalt der Kulturlandschaft wichtig ist, der sollte unseren Saft zumindest mal probieren! Hier bekommen Sie Kulturlandschaft in der Flasche!

Es gibt auch noch andere Kollegen hier, die ähnliches machen. Auch sie gehören unterstützt, weil jeder Euro für heimisches Obst, der hier in der Region ausgegeben wird, direkt dem Erhalt der Streuobstwiesen zu Gute kommt.

Und wenn Ihr uns dabei unterstützt und wir hoffentlich bald ausverkauft sind, so werden wir das sicher weiter ausbauen und auch etwas aus den Birnen machen sowie vielleicht auch noch weitere Produkte anbieten. Das nächste Projekt ist eigener “Hohelouer Mouschd”! 

Bei Interesse einfach melden!