Die landwirtschaftliche Fachwelt hat sich diese Woche wieder überschlagen. Im Postengerangel bei den Grünen haben sich fast stündlich neue Meldungen ergeben. Anfang der Woche dann der Schock für viele Bäuerinnen und Bauern: Anton Hofreiter wurde ganz hoch gehandelt als neuer Landwirtschaftsminister. Die Landwirtschafts-Bubble ist fast eskaliert. Dank SocialMedia wird das ja sofort ganz heiß und hoch gekocht. Da war wenig positives dabei. 😉
Am nächsten Tag dann aber erst der richtige Knaller: Cem Özdemir macht den Job als Minister für die Bauern und für Ernährung. Ein Vegetarier also soll sich auch um den Umbau der Tierhaltung kümmern. Geht doch nicht?! Oder vielleicht gerade deshalb doch? Und keinerlei Ahnung von Landwirtschaft! Wer hatte die aber von den letzten Ministern in diesem Ressort schon? Ich habe mich in den beiden Tagen aber oft geschämt, auf was für einem Niveau hier von Seiten der Landwirtschaft diskutiert wurde. Das war oft unterhalb der Gürtellinie. Auch wenn man eine andere Meinung hat: etwas mehr Anstand würde vielen gut tun! Immer dran denken, wie man selber auch behandelt werden möchte – gerade die Landwirtschaft beschwert sich seit Jahren über schlechte Darstellung von außerhalb. Aber was wir da zum Teil abliefern, ist schon jenseits jeglichen Geschmacks!
Schnell wurde da wieder etwas abgerüstet. Clever gemacht von den Grünen: erst den Toni rauslassen und dann die Bauern milde stimmen mit der Alternative Cem Özdemir.
Aber mal im Ernst: lasst ihn doch erst mal anfangen! Ich selbst habe ein richtig gutes Gefühl (fragt mich aber nicht warum!), weil ich glaube, dass das, was seit Jahren nur diskutiert wird (oft auf dem Rücken der praktizierenden Landwirte), jetzt endlich angegangen wird. Schauen wir positiv nach vorne, ist zumindest immer meine Einstellung. Nur schöne Reden bringen uns natürlich nicht weiter. Jetzt müssen die wichtigen Dinge endlich angegangen werden, insbesondere in der Tierhaltung. Da brauchen wir wieder mehr Sicherheit, wohin die Reise gehen soll. Das gilt aber auch für fast alle anderen Bereiche, insbesondere im Pflanzenbau, aber auch der Bereich Erneuerbare Energien inkl. Biogas muss dringend neu gedacht werden.
Der Koalitionsvertrag lässt da sehr viel Interpretationsspielraum in alle Richtungen. Also abwarten, wo immer möglich auch mit gestalten. Ich als Teil des Praktikernetzwerks bin besonders gespannt, wie es da weitergehen wird. Aber jetzt lassen wir alle mal in ihren Ressorts ankommen. Das ganze Land, nicht nur die Landwirtschaft, steht vor sehr großen Herausforderungen. Ob eine Ampelkoalition diese jetzt zeitnah, mutig und lösungsorientiert angeht, werden wir schnell sehen. Nochmal: mitgestalten ist hier jetzt erst recht wichtig. Ich bin auf jeden Fall bereit und motiviert, meine fachliche Expertise so wie viele andere auch einzubringen. Wir werden sehen, wo wir Praktiker dann auch gehört werden.
Allen noch einen schönen ersten Adventsabend!
Euer Michl
Hallo Michael,
Ich denke wir aus der Branche dürfen auf keinen Fall den Fehler machen und komplett gegen ihn sein. Wir müssen es schaffen daß das was in der letzten Regierung zwischen Glöckner und Schulze sich nicht wiederholt. Da ist es kontraproduktiv sich gegen ihn zu stellen.
Wichtig ist, dass sich Praktikernetzwerk, Verbände nicht gegenseitig in den Dreck ziehen sondern Vorschläge bringen wo Herr Özdemir zustimmen kann und muß. Wir sind die letzten Jahre doch von den NGOs durch den Ring geführt worden wo es nur ging.
Ja, in meinen Augen hat er die Chance verdient und ich hoffe wir können in 4 Jahren sagen es war unser Minister und ja wir sind auf einem guten Weg die Landwirtschaft so zu gestalten das wir alle die davon leben auch Leben können.
Gruß Gerhard
Immerhin noch ein Landwirtschaftsministerium. Hätte auch eine Abteilung im Umweltressort werden können.
Grüss dich Michl,
genauso wie du und viele unserer Kollegen(innen) habe auch ich mir genau genommen sorgenvolle Gedanken gemacht, als ich die Nachricht vernommen hatte, wer vier Jahre lang die Geschicke unserer stark gebeutelten Branche leiten soll.
Eine Person, die vermutlich noch nie eine Mistgabel in die Hand genommen hat, die Landwirtschaft nur vom “Hörensagen” kennt, die vermutlich überhaupt nicht erahnen kann, was es heisst, heutzutage einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Ich habe erst mal in Wikipedia recherchiert, welche Wurzeln er hat, und welche Bildung unseren künftigen Minister auszeichnet. Landwirtschaftsfremder kann es eigentlich nicht mehr gehen, so meine Meinung.
An der Entscheidung für diese Person können wir aber nichts ändern. Wir müssen sie akzeptieren. Da helfen auch keine bösen Aussagen und Beschimpfungen. Das ist unfair und vergeudete Zeit.
Ich sehe in dieser Situation zwei Chancen, die wir unbedingt nutzen müssen:
Cem Özdemir kann unvoreingenommen dieses Amt antreten. Es liegt an uns, ihn so zu formen, wie wir es wünschen. Da kommt viel Arbeit auf uns zu, dessen müssen wir uns bewusst sein. Wenn wir dies aber nicht erledigen, sind wir an unserem Schicksal selber schuld.
Zweitens gibt es auch noch eine Opposition. Nicht alle Entscheidungen der Grünen werden eins zu eins umgesetzt. Auch hier können wir unseren Einfluss geltend machen.
Hoffen wir darauf, dass das Urteil vieler Praktiker Gehör findet und dass wir nach dieser Wahlperiode sagen können:
Der Cem, das war ein guter Minister für uns, der hat Schwung in die Bude gebracht!
Danke Franz für Deinen Kommentar! Ja – abwarten und mitgestalten, nicht Tee trinken.
LG Michl
Danke für deine Gedanken! Wir müssen versuchen positiv nach Vorne zu blicken und selbst mitmachen.