30. Dezember 2019 – Zeit für einen Rückblick auf ein absolut prägendes Jahr! Und zum Schluss natürlich auch ein kleiner Ausblick auf 2020!

Fangen wir mit dem privaten und betrieblichen Rückblick an. Das lässt sich selten trennen. Im Januar hatte ich von Annika Ahlers, damals noch tätig beim Maschinenring Warendorf, eine Einladung für ein Seminar “Bodenmanagement” über die Maschinenring-Akademie. Ich hätte mir das selbst nicht zugetraut, aber Annika wollte unbedingt, dass ich das mache. Und dann wurde es zu einem großen Treffen von vielen Bodenfruchtbarkeitsfreaks! Am Ende waren die Rückmeldungen so wahnsinnig positiv, dass, nach einigen Gesprächen mit meiner Frau, wir die Entscheidung trafen, dass wir das auch bei uns auf dem Hof anbieten wollen. Der ursprüngliche Plan waren monatliche Feldtage, welche vom organisatorischen Aufwand her aber sehr anstrengend sind. Die Idee mit den Seminaren in kleinen Gruppen von 25-30 Leuten war uns beiden wesentlich sympatischer! Und so machten wir das Angebot für April und Mai, an 4 Samstagen so ein Einsteigerseminar einmal anzubieten. Was dann passierte, war schlichtweg unfassbar: innerhalb von jeweils 48 h waren die Termine ausgebucht! Irre, Wahnsinn, verrückt, … Von 0 auf 100 in wenigen Wochen! Aber wir freuten uns drauf.

Unterstützt hat uns dabei natürlich, dass wir im ersten Quartal 2019 unsere Website von Christine Pfeil und ihrem Mann von SocialMedia Bayern komplett neu gestalten ließen. So konnten uns die Leute viel besser finden als vorher mit dem reinen Blog! Vielen Dank auch auf diesem Wege nochmal. Ist einfach klasse geworden. Jetzt liegt es an mir, dass die Seite immer “frisch” bleibt.

Wir haben also im April und Mai, zusätzlich zum ganz normalen Alltag hier auf dem Hof, 4 Tage (und einige Stunden jeweils vorher und nachher) für die Seminare integrieren müssen. Hört sich erst mal nicht viel an – im Nachhinein ist da aber vielleicht doch etwas auf der Strecke geblieben an Arbeit, die ich dann Sonntags nachgeholt habe, aber dazu gleich mehr!

Im April mussten wir dann an der Biogasanlage einen Behälter öffnen, weil sich eine Schwimmdecke gebildet hatte. Ich habe mit 3-4 Tagen gerechnet – geworden sind es dann 2 Wochen, auch wenn alle Firmen super mitgezogen haben. Das hatte zur Folge, dass wir mit der Maisaussaat zu spät gekommen sind und ich bei der Aussaat die Entscheidung getroffen hatte, relativ tief und mit hohem Schardruck zu säen, weil es sehr trocken war zu diesem Zeitpunkt und ich sicher gehen wollte, dass das Maiskorn am Wasser liegt. Diese Entscheidung war im Nachhinein falsch. Es wurde nochmal kalt und nass, so dass der Mais über 3 Wochen nicht ans Tageslicht kam, was zur Folge hatte, dass wir nur ca. 65% Feldaufgang hatten. Ich habe dann zu lange gewartet mit der Entscheidung, ob wir Nachsäen sollen oder nicht. Dann ging es nicht mehr. Schöne Scheiße. Zudem wollten wir ab 2019 beim Agrarumweltprogramm FAKT bei der Maßnahme “Verzicht auf chemisch-synthetische Produktionsmittel” mitmachen – also Bio für konventionelle Bauern. Die Förderung war sehr verlockend und ich dachte, dass wir das schaffen. Aber ein zu geringer Feldaufgang beim Mais sorgt für zu geringe Konkurrenzkraft in der Reihe und das nasse Wetter im Mai dafür, dass wir nicht rechtzeitig mit Hacke und Striegel auf die Flächen kamen, so dass das Unkraut überhand nahm. Wir haben dann Anfang Juni entschieden, doch noch ein Herbizid einzusetzen, auch weil ich gemerkt habe, dass wir das zeitlich nicht schaffen, das mechanisch in Griff zu bekommen. So ein Mist – ich hatte das Gefühl, versagt zu haben. Und die Förderung war damit auch Geschichte, aber besser, als nichts zu ernten! Die Kollegen in der Gegend haben sich sicher insgeheim drüber lustig gemacht, was der Reber da auf dem Feld stehen hatte. Kann ich sogar verstehen. Schadenfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Aber wir haben es wenigstens probiert. Und auch wenn es zu 90% beim Mais in diesem Jahr nicht funktioniert hat, so haben wir daraus was gelernt. Wir haben dieses lehrreiche Jahr an Wissen voraus! Wenn man schon mal weiß, wie es nicht funktioniert, ist das ja auch was!

Die 4 Seminare waren dagegen ein voller Erfolg! Die Rückmeldungen waren echt der Wahnsinn und haben extrem motiviert. Es war aber auch so, dass ich diese 4 Tage vor allem an Sonntagen teilweise nachgeholt habe auf dem Feld. Zu spüren bekommen habe ich das dann im Juli, als das Getreide geerntet war und etwas Zeit zum Luft holen war. Mich hat es komplett zerlegt. Tagsüber 2-3 Stunden zusätzlich geschlafen, Antriebslosigkeit, Frust vor allem über den schlechten Mais, dazu 2 extrem heiße Wochen, die das Gras das zweite Jahr in Folge komplett vertrocknen ließen – absolute Existenzangst, weil klar war, dass wir erneut eine schlechte Ernte haben werden. Nach dem Stressmanagement-Seminar im Herbst 2018 war mir klar, dass ich zu weit gegangen bin. Die Grenze zum “Burn-out” war überschritten. Was hatte ich mich schon über diesen Begriff lustig gemacht, Modeerscheinung und so. Jetzt wusste ich, wie sich das anfühlt. Scheiße, einfach nur scheiße! Zum Glück konnten wir dann Anfang August mal eine Woche Urlaub mit der Familie in Reit im Winkl machen. Das war existenziell wichtig! Ich konnte meine Akkus einigermaßen aufladen und wir hatten als Familie Zeit, über alles zu reden. Die Berufsgenossenschaft bietet hierzu verschiedene Angebote an. Ich habe mich erst mal für das Telefoncoaching entschieden. Das war wirklich wichtig und gut. Heute bin ich wieder voll motiviert, das neue Jahr anzugehen, muss aber trotzdem aufpassen, dass ich nicht gleich wieder überziehe!

Ende Mai waren dann auch Kommunal- und Europawahlen. Ich habe mich im Gemeinderat zur Wiederwahl gestellt und für den Kreistag nominieren lassen, war beim Kreistag aber sicher, dass ich nicht gewählt werde, weil ja die beiden bisherigen Vertreter der FWV aus dem Wahlkreis Hall wieder kandidiert haben. Wie würden die Wähler meinen Fraktionswechsel im Januar 2019 im Gemeinderat sehen? Strafen sie mich dafür ab? Ich hatte keine Ahnung, wie das ausgehen würde – etwas Unsicherheit war da schon bei mir. Und dann so ein Wahlergebnis: innerhalb der FWV die zweitmeisten Stimmen für den Gemeinderat und dann auch noch als einziger Vertreter der FWV Schwäbisch Hall im Kreistag, mit Stimmenzahlen, mit denen ich überhaupt nicht rechnen konnte! Danke dafür auch heute nochmal! Aber das zusätzliche Amt Kreisrat ist eine extreme Herausforderung, weil hier die Sitzungen nachmittags und nicht abends stattfinden. Jetzt im Herbst war das schon sehr anstrengend. Das muss ich noch etwas beobachten.

Im Juni unser ganz persönliches großes Highlight 2019, vor allem für meine Frau: Das Kunstwerk von KERA an unserem Gärproduktlager im Rahmen des Metropolink-Festivals! Ein echter Hingucker – das müsst Ihr Euch anschauen, wenn Ihr es nicht schon getan habt. Einfach einmalig. Danke an die Stadt Schwäbisch Hall für diese Chance. Meine Frau und ich denken, dass sich das für die Stadt gelohnt hat. Hier auch dazu noch ein Artikel in unserer Lokalzeitung mit ausgiebiger Bilderstrecke sowie ein Beitrag im Lokalradio.

Für den Herbst haben wir uns dann dazu entschlossen, dass wir nochmals 6 Seminare anbieten wollen, weil nach einem Artikel im Juni im Maschinenring-Magazin noch einmal eine richtige Welle an Interessenten auf uns zu kam. Echt der Wahnsinn – bis zum Jahresende waren über 250 Bäuerinnen und Bauern hier auf dem Hof zu Seminaren – hinzu kamen noch 2 externe Seminare bei der Maschinenring-Akademie. Wir sind extrem dankbar für diese Chance! Es ist schon im ersten Jahr zu einem kleinen Betriebszweig geworden, und ich würde lügen, wenn wir nicht auch dankbar sind für die Einnahmen daraus, weil sie uns in diesem schwierigen Jahr wirklich den Arsch gerettet haben. Aber die Motivation, die wir daraus ziehen, ist viel größer, weil alle, die dabei waren, so dankbar für die Informationen waren. Das ist mit Geld nicht zu bezahlen! Darum auch hier an dieser Stelle nochmal danke an alle, die dabei waren. Ich hoffe, wir konnten ein paar Impulse zum Nachdenken setzen!

Damit es uns aber nicht zu wohl wurde, haben unsere beiden Mitarbeiter im November auf Jahresende gekündigt. Damit hatten wir so nicht gerechnet, verstehen aber die jeweiligen Gründe. Wir bedauern die Entscheidungen sehr, müssen sie aber akzeptieren und vielleicht auch lernen, dass man ein Arbeitsverhältnis als ein Zusammenarbeiten auf Zeit sieht. Wir sind dankbar für die Zeit, die wir mit beiden zusammenarbeiten durften, und freuen uns nun auch wieder auf die Chance für etwas Neues, was da 2020 kommen wird! Heißt für uns: alle Arbeitsabläufe auf den Prüfstand stellen, schauen, welche Arbeiten man auslagern kann. Und erst mal bis auf 3 Tage Grüne Woche alle externen Termine absagen, auch wenn mir das schwer fällt, aber die Familie und der Betrieb haben Vorrang vor irgendwelchen Lorbeeren, für die man sich nichts kaufen kann! Meine Frau und ich sind optimistisch, dass wir die arbeitswirtschaftliche Situation im Lauf des ersten Quartals 2020 lösen werden und mit einer Teilzeitkraft vor allem für die Biogasanlage zurecht kommen müssten. Da freuen wir uns über Eure Bewerbungen!

Im Dezember hat dann mein Vater noch eine neue Herzklappe und einen Herzschrittmacher bekommen. Toll, was Medizin heute kann, wenn man sieht, wie er als 80-jähriger diese Eingriffe (auch wenn beides mittlerweile minimal-invasiv gemacht wird, sind des doch Eingriffe!) geschafft hat. Wir freuen uns, dass auch er wieder voll motiviert ist für 2020.

Und so sind wir schon bei einem ersten Ausblick: das neue Jahr bzw. das neue Jahrzehnt wird für uns in sehr vielen Dingen ein Neustart sein, ähnlich wie vor 10 Jahren schon, als wir mit der Biogasanlage gestartet sind! Wir wollen das Seminarangebot fortführen und auch mit externen Referenten ausbauen. Die bereits feststehenden Termine findet Ihr hier. 

Arbeitswirtschaftlich werden wir vieles neu organisieren müssen, sehen das aber als große Chance. Es kann aber sein, dass dafür das kommunalpolitische Engagement zurück gefahren werden muss. Das wird sich im Lauf des Frühjahrs zeigen. Mein Vater hat schon immer gesagt: “Beruf kommt vor Berufung!” Und Familie vor Beruf. Wäre zwar schade, weil die Kommunalpolitik, so anstrengend sie mittlerweile geworden ist mit so vielen Gruppierungen in den jeweiligen Räten, doch auch massiv den Horizont erweitert und ich so viele neue tolle Menschen kennenlernen konnte! Abwarten.

Ich könnte jetzt auch noch richtig viel zur Politik im Land und zur Gesellschaft sagen, auch zu dem, was uns Bauern im Moment so zu schaffen macht und viele auf die Straße treibt. Ich glaube, das würde den Rahmen hier sprengen. Vielleicht mache ich dazu aber morgen noch ein Video und stelle es auf unseren YouTube-Kanal. Schaut da einfach mal rein!

Darum erst mal Schluss für heute und für dieses Jahr! Danke an alle, die meine Familie und mich im Laufe des Jahres ein Stück begleitet und auch unterstützt haben, die bei uns auf dem Hof waren, die an uns geglaubt haben! Wir bitten um Nachsicht bei denen, die vielleicht zu kurz gekommen sind, aber es war einfach ein Jahr, in dem insbesondere ich selbst an meine Grenzen gekommen bin – zeitlich, physisch, vor allem aber psychisch. Das möchte ich so auf keinen Fall nochmal erleben. Darum einfach Verständnis, wenn ich da auch lernen musste, erst mal nach mir und meiner Familie zu schauen.

Meine Frau und ich wünschen Euch einen “Guten Rutsch” und für 2020 alles erdenklich Gute, vor allem aber Gesundheit. Die ist einfach unbezahlbar!

Manu und Michl Reber