Diese Frage ist durchaus berechtigt, und ich würde mich im Anschluss auch gerne mal über eine Diskussion freuen!
Am besten schildere ich Euch das anhand des Jahreslaufs:
- Im Frühjahr bis ca. Mitte Juni finden auf unserem Betrieb die Insekten Nahrung auf unseren Naturschutzwiesen, den sogenannten FFH (Flora-Fauna-Habitat)-Wiesen. Diese dürfen wir nicht düngen und nur zu vertraglich geregelten Zeiten mähen. Damit ist sicher gestellt, dass schützenswerte Arten wie zum Beispiel der Wiesenknopf-Ameisenbläuling auch einen blühenden Wiesenknopf vorfindet. Bei dieser Art hängt das eher am Schnittzeitpunkt wie an der Düngung. Leider glaubt der Naturschutz immer noch, dass ein Düngeverzicht per se gut ist für die Artenvielfalt. Damit verbreiten sich mittlerweile sehr stark Giftpflanzen wie Herbstzeitlose und Jakobskreuzkraut (JKK) auf unseren Wiesen, so dass der Aufwuchs nur noch für die Biogasanlage taugt! Das JKK hat die Problematik, dass das Gift sogar nachher im Honig ist. Deshalb versuchen wir, in mühevoller Handarbeit, diesem Unkraut (es gibt keinen positiven Namen in meinen Augen hierfür!) Herr zu werden und zu bleiben. Trotzdem finden sich auf vielen Teilen dieser Wiesen auch wirklich schöne Heublumen und somit auch Nahrung für die Insekten, die auf blühende Pflanzen angewiesen sind!
- Ab Ende Juni blüht auf mittlerweile 4 ha die sogenannte Durchwachsene Silphie, eine neue (alte) Pflanze, die jetzt für Biogas entdeckt wurde als Alternative zu Mais. Wir sind noch nicht ganz zufrieden mit dem Ertrag, trotzdem ist sie die erste Alternative, die wirklich mal halbwegs vernünftige Erträge (auch Biogaserträge) auf unserem Standort bringt. Die Silphie blüht sehr lange, fast 8 Wochen bis Ende August! Durch das schnelle Wachstum im Frühjahr bietet sie auch früh Deckung für das Wild und Lebensraum für viele Insekten, die im Bestand und am Boden leben. Dadurch, dass die Silphie Dauerkultur ist, müssen wir auch nach erfolgreicher Etablierung des Bestandes keine weitere Bodenbearbeitung mehr machen. Somit kann sich das Bodenleben, das auch aus sehr vielen Insekten besteht, ungestört entwickeln!
- Und dieses Jahr war es so, dass zum Erntezeitpunkt der Silphie Ende August die ersten Zwischenfrüchte geblüht haben, wie Ihr auf dem Beitragsbild sehen könnt. Dieses Feld blüht bis heute, so dass die auf Blüten angewiesenen Insekten, so lange sie fliegen (abhängig von der Temperatur), auch Nahrung finden auf unserem Betrieb!
Ich finde, dass wir so im laufenden Betrieb und insbesondere dadurch, dass wir eine Biogasanlage haben, sehr viel für die Insekten tun können und auch tun. Natürlich könnte man immer noch viel mehr machen. Aber z.B. Blühstreifen sind ein großer bürokratischer Aufwand, und bis ich da 4 ha zusammen habe, muss ich sehr viel ansäen! Außerdem darf ich das dann nicht nutzen für die Biogasanlage. Da ist doch die Silphie in meinen Augen der sehr viel bessere Kompromiss, weil ich eben auch eine Nutzung für mich habe (dafür aber keine Förderung bekomme!). Im klassischen Ackerbaubetrieb sind die Blühstreifen aber oft der einfachere Weg und genauso sinnvoll. Wichtig ist, dass solche Flächen möglichst gut verteilt über die Gemarkungen zu finden sind.
Und durch unsere Art des Ackerbaus mit intensivem Aufbau von Bodenleben, vor allem Mikrobiologie, bauen wir das Bodennahrungsnetz in ganz anderen Dimensionen auf als bisher gekannt. Damit kommt die Nahrungskette zum laufen und so steigt auch die Zahl der Insekten insgesamt auf unseren Feldern.
Des Weiteren habe ich mir erlaubt, über unsere Fraktion im Gemeinderat den Antrag zu stellen, dass die Stadt ihren Bürgern kleine Samentüten zur Verfügung stellt, damit jeder in seinem Garten auch anfängt, solche Oasen anzulegen anstelle einer Rasen-Stein-Wüste. Diese Flächen wurden nämlich auch der Natur entzogen. Jeder muss seinen Beitrag leisten, um diese bedenkliche Entwicklung zu stoppen!
Lieber Michael,
ich bin da gedanklich mal wieder sehr nah bei dir. Mir geht es zwar auch auf die Nerven, wenn die Landwirtschaft zum Hauptverdächtigen für einen Rückgang der Insekten gemacht wird. Aber wir sollten vorsichtig damit sein, die Verantwortung dafür so rigoros von uns zu weisen, solange wir nicht tatsächlich einen Beitrag dazu zu leisten.
Ich sehe in meinem Umfeld hauptsächlich Senf+X-Mischungen als Greening-Maßnahme auf den Feldern stehen. Das sieht schon fast nach Monokultur aus… 😉
Es gibt dabei so viele andere Maßnahmen, die durchführbar sind und viel mehr für Wild und Insektenwelt bringen würde.
Ich habe meine Flächen begradigt, Ausläufer und doppelte Fahrspuren aus den Flächen genommen und dafür Feldrandstreifen und Naturschutzstreifen eingesät. Unsere Hecken, für die das Münsterland ja bekannt ist, dienen als Landschaftselemente und Schutz, Uferrandstreifen haben wir zum Gewässerschutz angelegt. Dazu haben wir Ackerbohnen gesät und Sonnenblumen. So war und ist Greening gemeint, glaube ich. Und der Zwischenfruchtanbau als Greening-Maßnahme wird wohl nicht mehr lange akzeptiert werden.
Darüber hinaus ist aus unserer Gemeinde ein Projekt erwachsen, das nun schon im gesamten Kreis und darüber hinaus Schule macht: Blütenpracht am Wegesrand! Auf den frisch gesäten Mais wird eine Blühmischung eingesät (1,5 – 3m breit). Wenn die Witterung nicht mal blöd rumzickt, entsteht dort dann eine tolle Blütenpracht vor der Maiswand und sowohl Mensch als auch Tier erfreuen sich daran. Kann ich nur weiterempfehlen.
LG André
Danke André für Dein Feedback und Dein Engagement! Sieht bei uns ähnlich aus, was Zwischenfrüchte angeht. Aber wenn jeder nur ein bisschen was tut, wären wir schon viel weiter. Weiter so. Biogas kann´s – besser machen!
Gruß Micha