Große Worte? Nein, beileibe nicht! Je länger ich mich damit befasse, desto mehr wird mir klar, dass wir Bauern nicht die Zukunft der Menschen zerstören, sondern wir haben sie in der Hand – unter unseren Füssen!

15-20 cm, die alles Leben auf der Erde erst ermöglichen. Vielleicht haben wir es die letzten Jahrzehnte zu oft vergessen, dass diese dünne Schicht die Welt ernährt. Nicht nur Mineraldünger und chemischer Pflanzenschutz, nein: In erster Linie das Boden-Leben in diesen 20 cm! Wir sind damit wohl auch nicht alle pfleglich damit umgegangen in Zeiten ständig größer und schwerer werdender Maschinen.

Aber der unwiderrufliche Verlust fruchtbaren Bodens durch dauerhafte Versiegelung ist in meinen Augen wesentlich schlimmer, weil er eben irreversibel ist. Bessere Bewirtschaftung kann ich machen, aber eben nur, solange wir nicht Beton drauf haben!

Wir müssen uns wieder bewusst machen, was Humus, was fruchtbarer Boden leistet, wenn wir ihn fördern und aufbauen, nicht abbauen oder zubetonieren:

  • 1% mehr Humus speichert ca. 400000 Liter Wasser mehr pro Hektar oder 40 Liter bzw. mm pro Quadratmeter. Das heißt, dass in extremer werdendem Klima die humusreichen Böden einerseits mehr Wasser aufnehmen können in Regenphasen und andererseits in Trockenphasen deutlich länger Wasser den Pflanzen zur Verfügung stellen können. Das ist ein direkter Vorteil für den Landwirt!
  • Für die Allgemeinheit bedeutet das aber auch, dass im Extremniederschlagsfall der Boden bis zu 150mm mehr Regen pro Quadratmeter (je nach vorheriger Wassersättigung) und % Humus kurzfristig aufnehmen kann und damit deutlich später anfängt, Wasser oberflächlich abfließen zu lassen. Wenn man überlegt, dass es in Braunsbach damals 200 Liter in 4 h geregnet hat, wäre vielleicht die Katastrophe etwas glimpflicher abgelaufen. Vermieden hätte man sie damit aber wahrscheinlich nicht! (eben weil auch zu viele Flächen versiegelt sind!)
  • Humus reinigt durch seine hohe Nährstoffaneignung auch das Regenwasser. In Wasserschutzgebieten kann man z.B. durch höhere Humusgehalte (und angepasste Düngung) die Auswaschung von Nitraten ins Grundwasser minimieren.
  • 1% Humus speichert auch 2500 kg Stickstoff. Für den Landwirt bedeutet das, dass er weniger düngen kann oder wie in unserem Fall auf den Zukauf von Mineraldünger verzichten kann und nur mit Gülle/Gärprodukt düngen kann (also später dann auch ein wirtschaftlicher Vorteil für den Landwirt, wenn er in den Boden investiert hat). Für den Ökolandbau hieße das, dass man mit konventionellen Betrieben vergleichbare Erträge erzielen könnte. Leider sind auch im Ökolandbau durch viel Hacken und Striegeln und immer noch zu wenig Verständnis für den Boden die Humusgehalte nicht oder nur unwesentlich höher als im konventionellen Landbau. Es geht mir hier auch nicht um Bio oder konventionell, sondern einzig und allein um Humusaufbau und fruchtbaren Boden!
  • Durch die hohe Nährstoffaneignung von Humus wird die Pflanze wesentlich ausgewogener ernährt und dadurch weniger krank. In einem stabilen Bodenökosystem ernährt die Pflanze die Bodenbiologie im Bereich der Wurzel (Rhizospäre) mit Wurzelausscheidungen und die Biologie stellt dafür der Pflanze die Nährstoffe zur Verfügung, die sie braucht. In der Nachkriegszeit haben wir mit Einführung des Mineraldüngers nur noch die Pflanze gedüngt, nicht mehr den Boden. Damit hat sich die Bodenbiologie verabschiedet und die Pflanzen wurden durch das hohe Nährstoffangebot dann auch leichter krank. Die Pflanzenschutz- und Düngemittelindustrie haben ein für sie passendes System etabliert. Ich möchte das nicht alles verteufeln, aber je mehr ich über die Vorgänge und Auswirkungen im Boden weiß, desto kritischer sehe ich dieses „System“. Natürlich hat es in der Nachkriegszeit für deutlich steigende Erträge gesorgt. Aber es ist vielleicht jetzt an der Zeit, die Kraft der Natur wieder mehr in den Focus zu rücken. Das muss nicht zwangsläufig Ökolandbau sein. Sogar der Vorsitzende des BÖLW, Prinz Felix zu Löwenstein spricht von ökologischer Intensivierung und nicht mehr von reinem Ökolandbau. Er räumt selbst ein, dass der klassische Biolandbau eben auch Probleme hat, Humus aufzubauen.
  • Die Humusgehalte haben sich in der kurzen Zeit von 60-70 Jahren dramatisch reduziert auf heute im Schnitt 2,5% Humus. Eine gute Wiese hat z. B. um die 6-8% Humus!
  • Und dazu dann die dauerhafte CO2-Bindung in stabilen Formen im Boden. Ohne teure technischen Lösungen, CO2 irgendwo in tiefe Lagerstätten zu pumpen. Landwirtschaft hätte das weitaus größte Potential. Aber das will wohl niemand?! Würden wir weltweit 1% Humus auf den zur Verfügung stehenden Ackerflächen aufbauen, könnte man den CO2-Ausstoß der letzten 30 Jahre binden. Das wäre doch mal lohnenswert! Die Frage ist: wer bezahlt? Zum Nulltarif geht auch das nicht, so wenig wie die Forderungen nach immer mehr Tierwohl ohne finanziellen Ausgleich.
  • Dank australischer Untersuchungen (Dr. Christine Jones) wissen wir heute, dass wir mit grünen Pflanzen bzw. dauergrünem Anbau unter guten Bodenbedingungen (weniger Mineraldünger und wenig chemischer Pflanzenschutz) 5x schneller Humus aufbauen können als mit der Einarbeitung von toter organischer Substanz, wie wir es bisher im sogenannten konservierenden Ackerbau gemacht haben. In Australien ist es staatliche Vorgabe, die Humusgehalte zu erhöhen, darum gibt es dort endlich auch neue Untersuchungen zu Bodenfruchtbarkeit und Humusaufbau.

Was meint Ihr dazu? Wir haben im Herbst unsere komplette Fläche auf Humusgehalt erneut untersucht. Die Probenahmepunkte wurden mit Satellitenunterstützung festgehalten, so dass wir bei einer Nachuntersuchung exakt das Bohrloch wieder finden! Infos dazu gibt es u.a. bei Wolfgang Abler aus Bodnegg am Bodensee. Es ist wichtig, dass wir später den Nachweis sauber führen können, dass wir Humus aufgebaut haben. Das Potential liegt bei 0,2-0,4% Humusaufbau PRO JAHR, nachgewiesen bei verschiedenen Landwirtinnen und Landwirten, die das System der Regenerativen Landwirtschaft schon länger als ich umsetzen!

Jetzt bin ich gespannt auf die Diskussionen!

Euer Michl Reber