Schon wieder dieses Thema. Glyphosat. Der bestbekannte Pflanzenschutz-Wirkstoff. Symbol für eine Debatte um die Zukunft des chemischen Pflanzenschutzes.

Für die einen der Inbegriff des Bösen – für die anderen Synonym einer Diskussion, die nicht mehr auf der sachlichen Ebene stattfindet.

Die meisten Bauern freuen sich, dass “Fakten” gewonnen haben. Journaille, Grüne, Umweltschützer, etc. schreien auf. Und was passiert jetzt die nächsten 5 Jahre?

  • Es wird 5 Jahre mediales Dauerfeuer gegen diesen Wirkstoff geben. In Wahrheit geht es aber in der Diskussion doch um etwas ganz anderes: Monsanto ist böse – Glyphosat ist von Monsanto, also noch böser – (chemischer?) Pflanzenschutz ist böse – klassische Landwirtschaft, die das anwendet, ist böse und gefährlich für die Gesundheit. Es geht also darum, ob und wenn ja, wie wir in Zukunft noch chemischen Pflanzenschutz anwenden können und dürfen! Ziel der Meinungsmache ist klar erkennbar: gar keinen mehr!
  • Die Landwirtschaft ruht sich auf dem “Erfolg” von gestern aus. So war es bis jetzt immer. Und in spätestens 5 Jahren geht es wieder von vorne los. Super. Richtig was erreicht: wieder nur Reaktion.
  • Die Industrie lässt, wie die letzten beiden Jahre, gar nichts von sich hören und behält die Nach-Glyphosat-Lösung weiter in der Pipeline. Habt Ihr Euch mal gefragt, wo die sind in der ganzen Diskussion? Die Bauern verkämpfen sich hier enorm (mit zum Teil weit unter die Gürtellinie gehenden Beleidigungen auf beiden Seiten) für die Beibehaltung des Wirkstoffs, und werden gänzlich allein gelassen. Ich hab den Eindruck, dass die Pflanzenschutzindustrie sich einen feuchten Dreck sich um uns kümmert. Irgendwas werden wir den Bauern schon verkaufen. Zumindest sehe ich als Landwirt nichts, wo ich hier auch bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werde!

Mein Vorschlag:

  • Die Bundesregierung (falls es mal wieder eine gibt) gibt jetzt eine neutrale wissenschaftliche Langzeituntersuchung (in dem Fall sind es 4 Jahre) der Anwendung von Glyphosat in Auftrag mit den Auswirkungen auf Boden, Bodenleben, Grundwasser, Insekten, etc. Daran muss doch uns Bauern gelegen sein, das müssen wir doch jetzt einfordern! Endlich mal agieren und diese 5 Jahre aktiv nutzen!
  • Dieses Ergebnis muss die Basis für ein Votum in 5 Jahren sein, ob die Zulassung des Wirkstoffs verlängert wird oder ob er vom Markt verschwindet!
  • Alternativen zu chemischem Pflanzenschutz müssen parallel wesentlich intensiver erforscht und in der Praxis getestet werden. Eine massive Förderung lediglich des Ökolandbaus ist in meinen Augen nicht die Lösung! Über 90% konventionelle Landwirte müssen auf dem Weg einer Veränderung (nicht einer Wende) mitgenommen werden (das wäre zumindest mein Wunsch!). Aber ich merke auch, dass manche gar nichts ändern wollen. Ist ja alles gut, so wie es ist.
  • Ich sehe mittlerweile selbst, wenn man das System Boden im Ganzen besser versteht, dann lösen sich manche (auch bei mir noch nicht alle!) Probleme von selbst. Das ist aber sehr komplex, dafür benötigt man extrem viel Wissen und Zeit für die Vermittlung dieses Wissens. Leider suchen wir immer mehr einfache Lösungen, oft aus Mangel an Zeit. Spritze anhängen und losfahren. Das ist einfach. Empfehlung gibts per Werbung, amtlicher Empfehlung, vom Lagerhaus, Berater, usw.
  • Freiwillige Selbstkontrolle?! Gefährliches Thema. Ich bin Verfechter davon, dass Missstände innerhalb der Landwirtschaft offen angesprochen werden. Dafür bin schon mehrfach bestraft worden in Form von bösen PN, etc. Ich werfe den Punkt trotzdem wieder in die Runde, weil wir drüber diskutieren müssen. Wenn wieder einer den Ackerrand oder bis zum Bach mit Glyphosat spritzt, dann müssen wir das abstellen! Zur FSK gehört aber auch, sich als Branche (europaweit) die Frage zu stellen, wo wir wirklich Glyphosat brauchen und wo nicht!?

Ich bin dafür, dass wir anfangen, an alternativen Lösungen zu arbeiten, von innen heraus – als Landwirtschaft selbst. Aber das ist bis dato ein hehres Ziel und mein Wunschdenken. Ich merke auch, dass das ein sehr langwieriger Prozess ist. Aber wir müssen anfangen! Was wäre den passiert, wenn die Zulassung nicht verlängert worden wäre? Dann hätten wir ab Januar schon Lösungen suchen müssen, unter ganz anderem Zeitdruck!

Also: Anfangen – umdenken – neu denken – neue Wege suchen! Wege, die uns Bauern eine Zukunft auf breiter Basis ermöglichen.

Euer Michl